Afrika Kolloquium mit David Drengk, Technische Universität Darmstadt

11.12.2018 17:00

Mehr als nur Importwaren: Eine transnationale Technikgeschichte von Schusswaffen in Westafrika

 

Schusswaffen sind in Westafrika weitverbreitet. Seit europäische Handelsleute und Entdeckungsreisende ihren Weg an die westafrikanische Küste fanden, sind auch Schusswaffen verschiedenster Art als Tauschware und Wegzoll in diese Region gelangt. Nicht wenige AutorInnen haben sich mit der Geschichte der Einfuhr und insbesondere der Verbreitung von Schusswaffen in westafrikanischen Kontexten auseinandergesetzt. Dabei blieben jedoch Leerstellen bestehen, besonders im Hinblick auf ihren Gebrauch, ihre Produktion, Instandhaltung und Reparatur, sowie ihren symbolischen Charakter.

 Im Rahmen des interdisziplinären ERC-Forschungsprojekt „A Global History of Technology, 1850 – 2000 (GLOBAL-HOT)“ (www.global-hot.eu) beschäftige ich mich darum mit den genannten materiellen Aspekten und dem symbolischen Charakter von Schusswaffen in drei Beispielländern Westafrikas: Côte d’Ivoire, Ghana und Togo. Damit trägt es zu einer afrikanischen Perspektive bei, die besonders innerhalb der Technikgeschichte bisher weitgehend abwesend oder stark deterministisch geprägt war. Das Projektteam hat sich daher zum Ziel gesetzt, mit vorherrschenden Ansichten, Technologien seien die alleinig ausschlaggebenden Faktoren für sozialen Wandel, zu brechen. Vielmehr stehen die wechselseitige Beziehung zwischen Technik und Gesellschaft sowie der alltägliche Gebrauch und die symbolische kulturelle Bedeutung von Technik und Artefakten bei diesem Projekt an zentraler Stelle.

Gegenstand des Vortrags wird das Beispiel der Abbey Revolte von 1910 in der Côte d’Ivoire sein, während derer sich die Abbey unter anderem gegen den Eisenbahnbau, eine rigorose Entwaffnungskampagne der lokalen Bevölkerungen durch das französische Militär sowie erhöhte Steuern zur Wehr setzten. Schusswaffen waren in dieser Revolte von zentraler Bedeutung: Zum einen dienten sie als Waffe im Kampf gegen die koloniale Besetzung und die wirtschaftliche Ausbeutung der Region. Zum anderen dienten sie als vermeintliche Symbole lokaler Souveränität und Unabhängigkeit von äußeren Mächten wie der französischen Kolonialmacht und hatten somit eine wichtige symbolische Bedeutung im lokalen Kontext.

Der Afrikanist David Drengk promoviert derzeit zu westafrikanischer Technikgeschichte an der Technischen Universität Darmstadt, mit Fokus auf die Côte d’Ivoire, Ghana und Togo. Er hat Studien an der Humboldt-Universität zu Berlin (B.A. Regionalwissenschaften Asien/Afrika) und am African Studies Centre Leiden (M.A. African Studies Research) abgeschlossen und selbständig Forschungsprojekte im Süden Malawis (zum Einfluss einer lokalen Nichtregierungsorganisation auf soziale Strukturen) sowie an Südafrikas Wild Coast (zur Sozialgeschichte und Praxis des Surfens während der Apartheid-Herrschaft in ländlichen Regionen der ehemaligen Transkei) durchgeführt.

Organiser:
Institut für Afrikawissenschaften, Chair: Arno Sonderegger
Location:
Seminarraum 3