Nachruf: Kyoni kya Mulundu (1948-2021)

19.04.2021

Im Gedenken an einen lieben Freund und geschätzten Kollegen.

Am 19. April 2021 verstarb in Wien Kyoni kya Mulundu an den Folgen einer Covid-Infektion.

Kyoni kam am 9. April 1948 in Mukulakulu / Shaba (damals Katanga) in der heutigen Demokratischen Republik Kongo zur Welt. Von 1962 bis 1969 absolvierte er die höhere Schule am Lycée Jean XXIII in Kolwezi. Aus seinen Erzählungen liess sich erkennen, dass er gute Erinnerungen an so manche Lehrer mit sich nahm. Aus der Zeit am Gymnasium stammen auch zwei Grundelemente seines Lebens: Ein großes Interesse für klassische Sprachen und eine tiefe religiöse Gesinnung, die ihn mit der traditionellen katholischen Kirche verband

1969 nahm er das Studium im Fach Romanische Philologie und Französisch an der Universite Officielle du Congo in Lubumbashi auf. Die Disziplinierung der Studierenden durch die Regierung Mobutu zwang ihn, das Studium für einen zweijährigen Militärdienst zu unterbrechen, und dann setzte er die Ausbildung in Lubumbashi fort, an einer Universität, die inzwischen zur Université Nationale du Zaire geworden war.

1975 graduierte er als Licencié en Philologie Romane, Langue et Littérature Françaises. Bis 1980 unterrichtete er Französisch und Latein an Gymnasien in Likasi und Kamina und machte sich dann auf, um seine Studien in Europa fortzusetzen. Sein Reiseziel wurde Wien, weil er – trotz des einfacheren sprachlichen Zugangs in Belgien und Frankreich – den Aufenthalt in einer Gesellschaft vorzog, die nicht durch koloniale Vergangenheit geprägt war.

Kyoni inskribierte Geschichte und Altgriechisch an der Universität Wien und schloss das Studium mit der Diplomarbeit „Österreich-Ungarn und die Berliner Kongo-Konferenz: (15. November 1884 - 26. Februar 1885)“ 1995 ab.

Von Anfang an bestand auch eine enge Verbindung zum Institut für Afrikanistik, an dem er von 1985 bis 2005 als Lektor für Kiluba und Swahili von Lubumbashi tätig war. Ab 1986 unterrichtete er auch an der Wirtschaftsuniversität als Lektor für Landeskunde frankophoner Staaten.

Die Gründung einer Familie und die Schaffung einer stabilen Lebenssituation, unter anderem durch die Tätigkeit am Lycée Française in Wien, ließen ihm wenig Zeit für wissenschaftliche Forschung, die Kyoni jedoch mit dem neuen Jahrtausend intensiv wiederaufnahm. Von 2014 bis 2020 veröffentlichte er 13 Monographien, die sich in erster Linie mit der Geschichte Katangas beschäftigten, doch greift er auch weiter aus und befasste sich mit dem Modell Chinas für eine Entwicklung Afrikas und mit der Zeitgeschichte Italiens.

Die Position des Autors ist geprägt durch eine starke Identifikation mit seiner Herkunftsregion und durch eine ausgeprägte antikoloniale Grundstimmung.  Sein Wissen als Zeitzeuge hat dabei große Bedeutung.

Alle Mitarbeiter*innen und Studierende, die eine Zeit mit ihm gemeinsam am Institut für Afrikawissenschaften gelebt und gearbeitet haben, haben Kyoni kya Mulundu als liebenswerten und aufmerksamen Kollegen, zugleich als ausgeglichenen und humorvollen Gesprächspartner in Erinnerung.

Wir werden sein Andenken im Herzen behalten.
Walter Schicho

Kyoni kya Mulundu - Wandertag 1998 mit dem Institut